Eine Reise zum Mittelpunkt der Erde kennen wir doch, aber in Little Orpheus sind es nicht der Professor Lindenbrock und seine Gefährten, die sich auf die gefährliche Reise begeben. Wir erleben den Versuch der Sowjetunion im Jahre 1963 einen Kosmonauten, mit modernster Technik und einer Atombombe auf den Weg zur inneren Welt zu schicken. The Chinese Room liefert hier ein Spiel ab, das in 9 Episoden ein fantastisches Abenteuer erzählt.
Little Orpheus und der Held der Geschichte
Kennt ihr den Genossen Iwan Iwanowitsch Priwalow? Wenn nicht, dann ist das nicht verwunderlich, denn er verschwand auf einer Geheimmission. Iwan mag nicht der beste, der klügste, oder der fähigste Kandidat gewesen sein und das obwohl er bei der Prüfung für das Programm betrogen hat, allerdings ist er genau richtig dafür. Soll er doch nicht nur zum Mittelpunkt der Reise vordringen, sondern gleich eine Atombombe „überbringen“. Den genauen Grund erfahren wir nicht, aber es war ja auch eine Geheimmission.
Hier sind wir nun 3 Jahre nach dem Verschwinden der Expedition und in einem Verhörraum mit Iwan Iwanowitsch, der auf einmal wieder aufgetaucht ist. Ohne die Technik und vor allem ohne die Atombombe Little Orpheus. Der verhörende General will jetzt hören was geschehen ist und Iwan beginnt zu erzählen.

Die Reise und der Verlust von Little Orpheus
Als der Bohrer beim Eindringen in die innere Welt zerbricht, beginnt die fantastische Erzählung von Iwan und genau hier übernehmen wir die Kontrolle über ihn. Entweder mit Zwei Fingern auf dem Touchscreen eines IPhone oder mit einem angeschlossenen Controller steuern wir Iwan durch die innere Welt. Iwan ist kein Kämpfer, aber geschickt im Klettern, springen und noch geschickter im Umgehen von Gefahren und so beginnt das 2D Sidescrolling Abenteuer.

Die Welt, durch die wir Iwan begleiten zeigt gleich zu Beginn, dass sie anders ist als alles was es auf der äußeren Welt gibt. Wir treffen auf seltsame Pflanzen und eine Landschaft, die auf dem kleinen Handydisplay richtig gut aussieht. Die Trümmer des Bohrers sind in der Nähe und schockiert stellen wir fest, dass die Bombe gestohlen wurde.
Der Genosse General will im Verhör wissen was mit ihr geschehen ist und warum Iwan ohne sie wieder aufgetaucht ist. Hier beginnt dann die Jagd nach der Bombe. Sie wird uns an Dinosauriern vorbei, durch Dschungel, Ruinen, Wüsten, unter Wasser und andere Fantastische Gebiete führen. Dabei lösen wir einfache Umgebungsrätsel, verschieben Kisten, betätigen Schalter und versuchen dabei immer weiter voranzukommen. Der Bombe immer auf der Spur.
Iwans Geschichte
Der Kern des Spiels ist aber das Verhör. In diesem erzählt Iwan in 8 Episoden von seinem Abenteuer in der inneren Welt und wie er der Bombe Little Orpheus hinterherjagt. Die Episode 9 ist danach ein Bonus, der die Geschichte nach der Geschichte erzählt. Der General zeigt erhebliche Zweifel an der Erzählung, aber hier zeigt Iwan seine größte Stärke. Seine Fantasie und die mit viel Humor vorgetragene Geschichte, die bestimmt die absolute Wahrheit ist. Leika würde dem sicherlich zustimmen, wenn sie noch am Leben wäre und das wäre „eine bessere Welt“ wie der Genosse General treffend feststellt.

Jede Episode trägt uns in eine neue Umgebung mit neuen Gefahren und teils neuen Mechaniken. Meine liebste Episode ist die auf dem Meeresboden, in der wir vor einem Riesenkraken fliehen müssen und dabei die, durch das Wasser, veränderte Physik erleben. Die Episode endet wie alle anderen auch mit einem Cliffhanger, als ob man eine Serie schaut, bei der die ganze Staffel bereits verfügbar ist.Was aber immer dabei ist der Humor. Wenn Iwan wieder über seine Verwandtschaft erzählt, habe ich das ein oder andere Mal einfach zugehört wie er auf Englisch mit russischem Akzent zum Beispiel vom Eier stehlenden Pawel erzählt. Hier kann man aber auch die Untertitel einschalten und auf Deutsch mitlesen. Dann geht leider viel Humor verloren, wenn man nur mitliest. Ein Skandal das nie aufgeklärt wird, wie viele Eier Pawel nun gestohlen hat.
Die Technik von Little Orpheus
Die Grafik, die das Team von The Chinese Room hier auf das Handy zaubert, ist wirklich schön, aber verliert auf Screenshots ihre Wirkung, da sie auch von der Bewegung lebt. Im Hintergrund wird viel mit Unschärfe Effekten gearbeitet, damit die Details verringert werden können, ohne auf den Eindruck einer großen weiten Welt zu verzichten. Zusätzlich setzen die Entwickler auch auf kräftige Farben und dem Spiel mit Licht.
Licht ist stellenweise eine Gefahr und wechselt dann auch Mal zu einem sicheren Bereich. Dieses Spiel mit Bedrohung und Sicherheit verleiht dem Spiel eine schöne Dynamik. Die teilweise intensiven Farben untermalen die Bereiche noch zusätzlich und zeigen auch in welchem Gebiet wir uns gerade aufhalten.
Was mich begeistert hat sind die Details in den einzelnen Episoden. Mal entdeckt man Leben im Hintergrund, oder da sind Schiffsminen und Wracks im Wasser. Schön verstrickt es die fantastische Geschichte, die gezeigten Bilder und die klassische Musik zu einem guten Gesamtpaket. Das Spiel empfiehlt zu Beginn Kopfhörer zu benutzen und ja dem stimme ich zu. Ohne geht viel Atmosphäre verloren.
Die Probleme
Nicht so gelungen waren einige Animationen. Eigentlich an einer Kante vorbeigesprungen, zieht sich Iwan plötzlich doch noch hoch und die Kollisionsabfrage ist auch zum Teil nicht sehr präzise. Die Touchsteuerung funktionierte zum teil nicht zuverlässig, was mich öfters zum Wiederholen von an sich leichten Abschnitten Zwang. Der einzige Grund, warum die Negativpunkte nicht so stark ins Gewicht fallen, sind die großzügig verteilten Checkpoints. So wiederholt man nie einen großen Abschnitt, sondern immer nur wenige Minuten. Wenn es denn Mal überhaupt eine Minute ist.
Episode 9
Die letzte Episode spielt nach der eigentlichen Handlung und Iwan erzählt wieder eine neue Geschichte von seiner Reise zurück aus der inneren Welt. Sie bringt die Geschichte in luftige Höhen und gipfelt in einem Finale, dass ein neues Minispiel mitbringt. Hier gibt es sogar einen richtigen Bosskampf, allerdings will ich hier aus Spoilergründen nicht weiter ins Detail gehen. Ich mochte diesen Epilog.

Little Orpheus ist mehr als ein Spiel
Klingt jetzt erstmal dramatisch, aber für mich ist das Schöne an Iwans Geschichte, dass sie nicht nur mit viel Humor vorgetragen wurde, sondern auch immer eine ordentliche Portion Gesellschaftskritik mitbringt. Es beginnt schon mit ihm, der vom System als entbehrlich eingestuft wurde und nur aus diesem Grund auf die Mission geschickt wurde. Später geht es noch um Unterdrückung und Ausbeutung der Schwächeren in einem totalitären System. Selbst wie unsere moderne Welt die Umwelt verschmutz wird aufgegriffen.
In dem Rahmen ist das alles gut gelungen und wenn es auch sehr oft Hintergrundwissen erfordert, wie bei der Hündin Laika, so ist es doch mal erfrischend, wenn sich ein Spiel auch mal traut solche Themen anzupacken und sich dabei von den Geschichten von Jules Verne inspirieren zu lassen. Zu Leika und Jules Verne habe ich unter meiner Review noch eine kurze Erklärung angehängt.
Der Spielumfang
Das Spiel besteht aus 9 Episoden, die insgesamt eine Spielzeit von 3 Stunden bieten. Will man alles freischalten, dann ist ein zweiter Durchlauf nötig, da es die Sammelobjekte erst im Laufe des ersten Spieldurchgangs freischaltet und auch nur für bereits durchgespielte Abschnitte. Damit werden dann Kozeptzeichnungen freigeschaltet, die Iwan mit seinem gewohnt fantastischen Humor kommentiert. Auch freischaltbar sind andere Kostüme für ihn, was ich dann aber nicht mehr getan habe.
The Chinese Room
Das britische Entwicklerstudio hat schon einige Spiel veröffentlicht. Da wären die Amnesia Spiele, Dear Esther und Everybody´s Gone to the Rapture. Das Team hat seinen Sitz in Brighton und begann seine Arbeit mit der Entwicklung von Modifikationen und Erweiterungen zu erfolgreichen Spielemarken wie zum Beispiel Half-Life 2. Gegründet wurde das Studio 2007 in Portsmouth.
Die Seite des Studios findet ihr hier: Zur offiziellen Seite
Fazit
Little Orpheus hat mich wirklich überrascht. Zu Beginn habe ich fast nichts erwartet und gedacht ich bekomme hier einen simplen Sidescroller. Am Ende habe ich mehr als 3 Stunden gespielt und wurde dabei sehr gut unterhalten. Ich mochte Iwans Humor und seine Fantastische Geschichte von einer fremden Welt und einer verlorenen Bombe. Gleichzeitig war ich zwischendurch aber immer wieder von der Steuerung genervt. Da ich es beim Pendeln zur Arbeit im Zug gespielt habe, hatte ich keinen Controller zur Hand und somit habe ich es durchgehend mit der Touchsteuerung gespielt. Genau die sorgt für einen Abzug im Ergebnis. Mit Controller ist es dann auch spielerisch ein besseres Erlebnis.
Dem Spiel würde ich eine 7/10 geben, wobei da ein Punkt Abzug für die Steuerung dabei ist.
Das Spiel ist Teil von Apple Arcade (5€ im Monat) und somit über das Abo ohne zusätzliche Kosten spielbar. Verfügbar ist es für Mac, iPhone, iPad und Apple TV.
Das Spiel findet ihr hier: zum Spiel
Weitere Apple Arcade Titel sind Alto´s Odyssey – The Lost City und Creaks
Laika
Die Hündin Laika war das erste Lebewesen, das am 3. November 1957 von Menschen in den Weltraum befördert wurde. Die Sputnik 2 Mission der Sowjetunion führte schon wenige Stunden nach dem Verlassen der Erde zum Tod der 3 jährigen Hündin, aber gilt trotzdem als Erfolg, da sie die bemannte Raumfahrt erst möglich machte und wichtige Erkenntnisse liefert. Hier erfahrt ihr mehr über Laika: Wikipedia
Jules Verne und die Reise zum Mittelpunkt der Erde
Die Inspiration für Little Orpheus stammt in vielen teilen aus „Die reise zum Mittelpunkt der Erde“ von Jules Verne. Die französische Originalausgabe wurde 1864 veröffentlicht und 1873 folgte die deutsche Übersetzung.
Der Klappentext des Buches:
Der Krater des isländischen Sneffels-Vulkans dient Professor Lidenbrock und seinen Gefährten als Eingang ins Innere der Erdkugel. Tief dringen sie vor und stoßen bei ihrer Expedition auf eine labyrinthische Urwelt. Sie passieren Riesenpflanzen, Geysire und kämpfende Dinosaurier und sind tief im Erdinnern selbst vor Stürmen und Kugelblitzen nicht gefeit. Jules Verne ist der Erfinder und ungeschlagene Meister des Science-Fiction-Romans. In seinem Buch hat er eine fantastische Welt geschaffen, von der sich Leser seit vielen Generationen in den Bann ziehen lassen.
Mehr zu Jules Verne erfahrt ihr hier: Wikipedia
Die Bilder in dem Artikel sind alle von mir, auf einem iPhone 12, angefertigte Screenshots.
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